Fragen zum Sachkundenachweis gemäß § 34d GewO – Wer benötigt ihn und welche Ausnahmen gibt es?

Fragen zum Sachkundenachweis gemäß § 34d GewO – Wer benötigt ihn und welche Ausnahmen gibt es?

Datum: 02.02.2024 | Autor: Frank Rottenbacher | Kategorie: Bildungscontrolling, Sachkunde

Hier Antworten auf einige Fragen zum Sachkundenachweis, die von Kunden an uns herangetragen wurden. Diese sind insofern interessant, als dass sie Unsicherheiten zu Fragen des Sachkundenachweises beantworten. Wir werden im Einzelnen auf folgende Fragen eingehen und diese beantworten:

1. Welche Personen müssen in einem klassischen Versicherungsmaklerbetrieb mit z.B. drei Mitarbeitern den Sachkundenachnachweis per Prüfung vor der zuständigen IHK erbracht haben?

Eine Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO benötigt, wer gewerblich Versicherungen vermittelt. Ein Versicherungsmakler benötigt für diese Erlaubnis grundsätzlich einen Sachkundenachweis durch Ablegen einer entsprechenden IHK-Prüfung oder einen anderen nach VersVermV anerkannten Abschluss.

Nehmen wir fiktiv z.B. Versicherungsmaklerin Müller. Frau Müller hat für ihren Maklerbetrieb noch zwei Angestellte – Frau Schuster und Herrn Petersen.

  • Frau Schuster bearbeitet Kundenanliegen, vermittelt Versicherungen und berät Kunden dazu.
  • Herr Petersen ist für das Rechnungswesen zuständig, prüft die Courtageabrechnungen und kümmert sich um Marketing sowie IT-Fragen.
  • Ferner kooperiert Frau Müller mit einem selbstständigen Untervermittler, Herrn Schröder. Grundlage der Kooperation ist ein Handelsvertretervertrag zwischen den Beiden: Er vermittelt Versicherungsverträge und berät Kunden dazu und wickelt es über Versicherungsmaklerin Müller ab.

An die Personen in dem kleinen Beispielsfall werden unterschiedliche Anforderungen gestellt.

  • Frau Müller ist gewerbliche Versicherungsmaklerin. Sie benötigt eine eigene Erlaubnis als Versicherungsvermittlerin (Versicherungsmaklerin) nach § 34d Absatz 1 GewO und muss somit für die Erlaubnis einen entsprechenden Sachkundenachweis erbringen.
  • Die beiden Angestellten sind nicht selbstständig tätig. Sie benötigen keine Erlaubnis und auch keinen Sachkundenachweis. Doch Achtung: Versicherungsmaklerin Müller darf „unmittelbar bei der Vermittlung oder Beratung mitwirkende Personen“ nur dann beschäftigen, wenn sie deren Zuverlässigkeit geprüft hat und sicherstellt, dass diese Personen über die „für die Vermittlung der jeweiligen Versicherung sachgerechte Qualifikation“ verfügen. Das bedeutet einerseits, dass nicht jeder Angestellte diese Qualifikationsanforderung erfüllen muss. Nur Personen, die direkt an der Vermittlung und Beratung mitwirken. Das ist hier bei Frau Schuster als angestellte Versicherungsvermittlerin der Fall; sie vermittelt Versicherungen und berät Kunden. Herr Petersen hingegen fällt nicht darunter. Denn er erledigt Back-Office-Tätigkeiten. Übrigens: Auch das Prüfen von Courtageabrechnungen ist keine Mitwirkung an Vermittlung und Beratung. Für ihn muss somit keine Qualifikation nachgewiesen werden.
  • Anders ist es bei Frau Schuster. Bei Angestellten aber nur eine angemessene Qualifikation nachgewiesen werden. Eine spezielle Sachkundeprüfung Fachmann/-frau für Versicherungsvermittlung IHK ist nicht erforderlich, würde aber natürlich Sinn machen und die Anforderung erfüllen. Es bedarf also einer sog. angemessenen Qualifikation, die auch durch speziell zugeschnittene interne oder externe Schulungen erreicht werden kann. Diese Qualifikationsanforderung ist sehr offen formuliert und richtet sich nach den jeweils vermittelten Versicherungsarten und dazugehörigen Beratungen.
  • Bei Herr Schröder ist es wiederum so, dass er als Handelsvertreter selbst gewerblicher Versicherungsmakler ist. Er benötigt somit eine eigene Erlaubnis nach § 34d GewO und folglich muss er die Sachkunde nachweisen. Die Ausnahme wie bei Angestellten greift für ihn nicht, auch wenn er für Versicherungsmaklerin Müller tätig ist.

2. Und wie sieht es bei modernen Unternehmen (InsurTechs) aus, bei denen die Geschäftsführer nicht selbst die Kunden beraten, sondern überwiegend digitale Services anbieten: Kann hier bei z.B. zwei Geschäftsführern nur einer über die Sachkunde verfügen und der andere einfach andere Aufgaben übernehmen, die nichts mit der Versicherungsvermittlung zu tun haben?

Nehmen wie die fiktive ABC InsurTechs Versicherungsvermittlungs GmbH mit Erlaubnis als Versicherungsmakler nach § 34d a Absatz 1 GewO und mit zwei Geschäftsführern, Frau Huber und Herrn Schreiber.

  • Frau Huber ist geprüfte Fachfrau für Versicherungsvermittlung (IHK) und hat somit einen Sachkundenachweis.
  • Herr Schreiber hat Informatik studiert und ist für die IT der GmbH zuständig. Sein Uni-Abschluss stellt keinen anerkannten Sachkundenachweis nach VersVermV dar.

Diese Konstellation ist bei Versicherungsvermittlern zulässig. Es bedarf jedoch einer klaren Aufgaben- und Funktionstrennung zwischen den beiden Geschäftsführern.

  • Frau Huber ist Sachkundeträger und darf auch selbst als Geschäftsführerin Versicherungsverträge vermitteln und Kunden dazu beraten.
  • Herr Schreiber nicht. Er kann andere Geschäftsführungsaufgaben übernehmen und z.B. nur für die IT-Angelegenheiten zuständig sein, aber nicht für die Versicherungsvermittlung.

Diese Aufgaben- und Funktionstrennung muss durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss nachgewiesen werden.

3. Können die Geschäftsführer eines InsurTechs, das auch Versicherungen vermittelt, die Sachkunde auch komplett delegieren, wenn z.B. keiner der Geschäftsführer darüber verfügt? Falls ja, an wen kann diese Verantwortung delegiert werden? Genügen hier einfache Angestellte?

Spielen wir das Beispiel weiter durch: Frau Huber scheidet bei der ABC InsurTechs Versicherungsvermittlungs GmbH als Geschäftsführerin aus. Die Gesellschaft verfügt ab dem Moment über keinen Geschäftsführer mehr mit Sachkundenachweis.

Die Erlaubnis nach § 34d GewO müsste also von der zuständigen IHK widerrufen werden. Die GmbH könnte jedoch den Sachkundenachweis durch einen Angestellten erbringen, also delegieren. Erforderlich ist natürlich einerseits…

  •  …dass es ein anerkannter Sachkundenachweis ist.
  •  …und anderseits muss es eine vertretungsberechtigte Person der GmbH sein.

Das muss kein Geschäftsführer sein, sondern kann auch ein Prokurist (§ 49 HGB) oder Handlungsbevollmächtigter (§ 54 HGB) sein.
Dieser Angestellte muss eine dieser Vertretungsbefugnisse erhalten und dann alleine für die Versicherungsvermittlung und Beaufsichtigung der entsprechenden Mitarbeiter zuständig sein.

Ein „einfacher“ Angestellter genügt somit nicht. Der Geschäftsführer darf weiterhin weder vermitteln noch beraten. Aber somit könnte eine vollständige Sachkundedelegation beim InsurTech erreicht werden.

4. Wie sieht es mit den anderen Vermittlungsbereichen des §34 GewO aus? Also gelten dieselben Regeln bzgl. Sachkundenachweis auch für §34f und andere Bereiche?

Die Sachkundedelegation ist in anderen Bereichen wie z.B. der Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO oder Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO nur sehr eingeschränkt möglich.

Zulässig wäre es z.B. im Rahmen einer GmbH wieder nach Funktionen zu unterteilen, also z.B. bei zwei Geschäftsführern den Sachkundenachweis für den Versicherungs- und Finanzanlagenbereich auf zwei Geschäftsführer zu verteilen und per Gesellschafterbeschluss eine Funktionstrennung festzulegen.

Allerdings ist es für die Bereiche der Finanzanlagenvermittlung und Immobiliardarlehensvermittlung nicht möglich, eine vollständige Sachkundedelegation auf einen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten vorzunehmen.

5. Welche Sanktionen haben Unternehmer zu erwarten, wenn sie diese Vorgaben trotz laufendem Geschäftsbetrieb (noch) nicht erfüllen?

Man muss hier unterscheiden zwischen einer Person, die ohne Gewerbeerlaubnis Versicherungen vermittelt und einem Erlaubnisträger, dem der Sachkundeträger „abhanden“ kommt.

Wer ohne Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO Versicherungen vermittelt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Der Bußgeldrahmen geht bis 5.000,00 €, was zunächst niedrig klingt.

Es kommt auch eine Betriebsschließung oder -verhinderung in Betracht (§ 15 GewO). Allerdings kann ggf. auch eine allgemeine Gewerbeuntersagung ausgesprochen werden, so dass gar kein Gewerbe mehr ausgeübt werden darf (§35 GewO).

Ein Verstoß ist also alles andere als trivial. Das Problem ist hier also weniger die Frage nach der Sachkunde, sondern die Erlaubnis selbst.

Wenn dem Erlaubnisträger die der Sachkundeträger abhandenkommt, sei es durch Ausscheiden aus der Geschäftsführung oder durch Versterben, dann fehlt eine Erlaubnisvoraussetzung und die Erlaubnis kann widerrufen werden.

Siehe unser Beispiel zur fiktiven ABC InsurTechs Versicherungsvermittlungs GmbH. Hier muss also schleunigst ein Sachkundeträger wieder in die Geschäftsführung eintreten.

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