2. Welche Modelle der Immobilienverrentung gibt es?
Die Immobilienverrentung ist vielseitiger als viele anfangs vermuten. Denn es gibt nicht das eine Modell, sondern mehrere Varianten, wie Eigentümerinnen und Eigentümer ihr Immobilienvermögen im Alter nutzbar machen können. Diese Modelle unterscheiden sich sowohl in rechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht – und bieten individuelle Lösungen je nach Lebenssituation, Ziel und Risikobereitschaft der Beteiligten.
Nachfolgend stellen wir die gängigsten Formen der Immobilienverrentung im Detail vor:
1. Das Nießbrauchmodell
Das Nießbrauchmodell ist eines der bekanntesten und am häufigsten genutzten Modelle der Immobilienverrentung. Dabei wird die Immobilie zwar an einen Dritten verkauft, jedoch behalten die bisherigen Eigentümerinnen und Eigentümer das umfassende Nutzungsrecht – den sogenannten Nießbrauch.
Was bedeutet das genau?
Der Nießbrauch ermöglicht es, die Immobilie weiterhin zu bewohnen oder sogar zu vermieten – obwohl sie formal bereits im Eigentum eines neuen Besitzers oder einer neuen Besitzerin ist. Dieses Modell bietet somit eine Kombination aus:
- Eigentumsübertragung
- finanzieller Absicherung
- lebenslangem Wohnkomfort
Der große Vorteil: Verkäuferinnen und Verkäufer profitieren von einer einmaligen Geldzahlung oder regelmäßigen Einkünften und können dennoch selbstbestimmt in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben.
2. Die Leibrente
Die klassische Immobilien-Leibrente funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie eine private Rentenversicherung – mit dem Unterschied, dass die Immobilie das Kapital bildet. Hier überträgt die Immobilieneigentümerin oder der -eigentümer das Eigentum an der Immobilie vollständig an den Anbieter. Im Gegenzug erhält sie oder er eine lebenslange monatliche Rentenzahlung oder auf Wunsch eine Einmalzahlung.
Besonders attraktiv ist dieses Modell für:
- ältere Menschen mit geringer Rente
- Personen, die auf finanzielle Stabilität im Ruhestand angewiesen sind
- Alle, die keine Immobilie vererben möchten oder können
Die Rentenhöhe hängt u. a. vom Wert der Immobilie, dem Alter der Verkäuferin oder des Verkäufers sowie von deren Gesundheitszustand ab. Häufig wird zusätzlich ein lebenslanges Wohnrecht notariell vereinbart.
3. Der Teilverkauf
Beim Teilverkauf wird nur ein Anteil der Immobilie – beispielsweise 20 % oder 50 % – an einen Anbieter verkauft. Die Verkäuferinnen und Verkäufer bleiben dabei Mehrheitseigentümerinnen bzw. -eigentümer und behalten das Nutzungsrecht an der gesamten Immobilie. Der Anbieter erhält dafür ein sogenanntes Nutzungsentgelt – eine Art monatliche Miete für den verkauften Anteil.
Achtung: Das Nutzungsentgelt kann mit der Zeit steigen, da es meist an den Verbraucherpreisindex gekoppelt ist. Bei längerer Laufzeit oder steigender Inflation kann das zu einer wachsenden finanziellen Belastung führen. Wer sich für den Teilverkauf entscheidet, sollte daher unbedingt prüfen, wie das Nutzungsentgelt geregelt ist – und welche Auswirkungen es auf das eigene Budget im Ruhestand haben könnte.
Vorteile des Teilverkaufs:
- Sofortige Liquidität durch Einmalzahlung
- Wohnnutzung bleibt uneingeschränkt bestehen
- Flexibilität durch Rückkaufsrecht oder vollständige spätere Veräußerung
Für wen geeignet? Für Kundinnen und Kunden, die Kapital benötigen, aber das Haus nicht komplett aufgeben möchten – und sich Flexibilität für die Zukunft erhalten wollen.
4. Der Rückmietverkauf
Beim Rückmietverkauf wird die Immobilie vollständig verkauft – jedoch wird ein spezieller Mietvertrag abgeschlossen, der den Verkäuferinnen und Verkäufern das weitere Wohnen in der Immobilie ermöglicht.
Kernpunkte des Rückmietverkaufs:
- Wohnnutzung gegen Miete möglich
- Mietvertrag ist rechtlich abgesichert
- Kapitalzufluss durch Verkauf sofort verfügbar
Dieses Modell bietet besonders dann Vorteile, wenn man sich von der Verantwortung des Eigentums (z. B. Instandhaltung) entlasten will, aber dennoch in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchte. Ein Nachteil kann die monatliche Mietzahlung sein, die regelmäßig gezahlt werden muss.
5. Das Erbbaurechtsmodell
Beim Erbbaurechtsmodell wird die Immobilie nicht direkt verkauft, sondern in ein sogenanntes Erbbaurecht überführt. Das bedeutet: Die Nutzungsrechte der Immobilie werden gegen eine regelmäßige Pachtzahlung übergeben – oft für Zeiträume von 30, 60 oder sogar 99 Jahren.
Was bedeutet das für Verkäuferinnen und Verkäufer?
Sie behalten in der Regel das Recht, auf den Verlauf der Nutzung Einfluss zu nehmen. Gleichzeitig sichern sie sich ein dauerhaftes Einkommen durch die Pacht – ohne die Immobilie ganz aus der Hand zu geben. Das Modell wird in der Praxis seltener eingesetzt, bietet aber langfristige Gestaltungsmöglichkeiten für Erblasserinnen und Erblasser oder Stiftungen.
6. Seniorenkredite (Immobilienkredit für Ältere)
Bei einem sogenannten Seniorenkredit bleibt die Immobilie vollständig im Eigentum der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers. Die Bank oder ein spezieller Finanzdienstleister gewährt auf Basis des Immobilienwertes einen Kredit – entweder als Einmalbetrag oder in Form regelmäßiger Auszahlungen.
Vorteile:
- Kein Verkauf nötig
- Liquidität kann flexibel verwendet werden
- Immobilie bleibt im Eigentum
Achtung: Die Kreditverpflichtung bleibt bestehen. Das bedeutet, dass Zinsen gezahlt werden müssen – entweder laufend oder am Ende durch Rückzahlung oder Verwertung der Immobilie.
7. Die Umkehrhypothek (Reverse Mortgage)
Die Umkehrhypothek ist ein Spezialfall der Immobilienverrentung und ähnelt stark dem Seniorenkredit. Auch hier erhalten Eigentümerinnen und Eigentümer regelmäßige Auszahlungen auf Basis des Immobilienwerts. Die Rückzahlung erfolgt jedoch erst im Todesfall oder beim Auszug – meist durch Verkauf des Hauses oder durch die Erben.
Das bietet die Umkehrhypothek:
- Monatliche Zusatzrente
- Wohnrecht bleibt erhalten
- Rückzahlung erst später notwendig
Risiken:
- Zinsrisiko (gerade bei längerer Laufzeit)
- Immobilienbewertung muss realistisch sein
- Rückzahlung kann die Erbmasse deutlich schmälern
In Deutschland ist dieses Modell bislang weniger verbreitet, gewinnt jedoch durch den demografischen Wandel zunehmend an Aufmerksamkeit.
Fazit: Jedes Modell hat seinen eigenen Charakter
Die verschiedenen Modelle der Immobilienverrentung bieten viele Möglichkeiten für Eigentümerinnen und Eigentümer, ihre Immobilie sinnvoll zu nutzen – je nach Bedarf, Alter, Gesundheitszustand und familiärer Situation.
Modell |
Geeignet für |
Vorteil |
Risiko |
Nießbrauchmodell |
Menschen mit Wohnwunsch + Kapitalbedarf |
Wohnen bleibt, Einnahme gesichert |
Kein volles Eigentum mehr |
Leibrente |
Senioren mit Rente unter Durchschnitt |
Lebenslange Zahlungen, kein Umzug |
Ggf. geringerer Immobilienwert |
Teilverkauf |
Flexibel orientierte Eigentümer:innen |
Teilverkauf + Wohnrecht + Rückkauf |
Nutzungsentgelt beachten |
Rückmietverkauf |
Personen mit Verkaufsabsicht |
Sofortige Liquidität + Mietvertrag |
Monatliche Mietkosten |
Erbbaurecht |
Langfristige Nutzer mit Strategie |
Erhalt von Rechten + Einnahmen |
Eingeschränkte Verfügbarkeit |
Seniorenkredit |
Kreditwürdige ältere Personen |
Flexibel, kein Verkauf nötig |
Zinsbelastung + Tilgung |
Umkehrhypothek |
Immobilienbesitzende ohne Erben |
Rente ohne Rückzahlung zu Lebzeiten |
Bewertungsrisiko, Zinsrisiko |
Hinweis: Steuerliche Auswirkungen beachten
Bei allen Modellen der Immobilienverrentung sollten mögliche steuerliche Folgen nicht außer Acht gelassen werden. Je nach Modell kann es zu Kapitalerträgen, Schenkungs- oder Erbschaftssteuer, Grunderwerbsteuer oder steuerlichen Auswirkungen bei Rückkauf kommen. Auch das Wohnrecht oder der Nießbrauch kann den Wert der Immobilie für spätere Erbregelungen beeinflussen. Deshalb gilt: Vor Vertragsabschluss ist eine Beratung durch eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater dringend zu empfehlen, um individuelle Risiken zu vermeiden und steuerliche Gestaltungsspielräume optimal zu nutzen.